Ein Wort-Ungetüm wie „Obliegenheit“ führt bei manchem Versicherungskunden unmittelbar zu Sauerstoffknappheit und aktiviert den Gähn-Modus. Wenngleich das Kauderwelsch in einigen Versicherungsverträgen wie eine spezielle Einschlafhilfe anmutet, stellt sich die Frage wieso ist das Kleingedruckte in Versicherungsverträgen nicht in einfacher verständlicher Sprache geschrieben, so dass Kunden sie auch verstehen können?
Der Grund ist, dass die Regelwerke der Verträge nicht nur für Kunden bestimmt sind, sondern die Versicherungsbedingungen müssen auch für Jurist*innen, Mediziner*innen und Mathematiker*innen eindeutige Grundlagen bilden, und die haben alle ihre eigenen Sprachen.
Ein kleiner Sprachausflug ins Land der Wort-Ungetüme: Obliegenheit
Wenn der Versicherer von Obliegenheiten spricht, so meint er die Pflichten seines Kunden, des Versicherungsnehmers. Während der Vertrag besteht, gilt es von Seiten des Kunden Aufgaben zu erfüllen, damit der Versicherungsschutz in vollem Umfang besteht, dies umfasst die Zeit vor einem Schadensfall und nach Eintritt eines Schadens.
Zu den Pflichten vor einem Versicherungsfall gehört u.a. das Wort Gefahrenerhöhung – noch ein Fachjargon, doch mit Beispielen wird es direkt verständlich.
Beispiele im Beruflichen
Die selbständige Buchhändlerin hat ihre Ware (Bücher, Postkarten, kleine Präsente) gegen Verlust oder Beschädigung durch Feuer, Leitungswasser, Einbruch-Diebstahl abgesichert. Einige Zeit später erweitert sie ihr Angebot um Schmuck und Lederwaren. Aus Sicht des Versicherers führt diese Veränderung dazu, dass ein Schaden erheblich wahrscheinlicher sein könnte, ohne dass der Versicherer dies voraussehen und bei der Berechnung des Beitrags oder den Anforderungen an die Sicherheit von Schlössern, Türen und Fenstern berücksichtigen konnte.
Beispiel bei Vereine
Bisher füllten die regelmäßigen Mitgliedertreffen im gemieteten Raum, die alljährliche Adventsfeier und das Sommerfest die Vereinsaktivitäten aus. Doch seit einiger Zeit werden Reisen angeboten oder ein zusätzliches Gartengrundstück wurde für das gemeinschaftliche Miteinander angemietet. Wurde diese Veränderung schon mit dem betreuenden Vermittler besprochen?
Beispiele im Privatleben:
Wohnungswechsel: Für den Versicherer ist nicht nur interessant, dass eine neue Anschrift für die Post besteht, sondern es führt auch zu einer Veränderung der weiteren Umstände: z.B. ist der neue Wohnort feuergefährdeter, weil es aus Holz gebaut ist. Oder die Frage, ob die Schlösser am neuen Wohnort die Anforderungen an die Sicherheit weiterhin erfüllen.
Oder z.B. nach einem Sterbefall könnte ein Wohnort längere Zeit unbewohnt sein, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Schäden weniger schnell erkannt werden und deshalb ein größeres Ausmaß annehmen könnten.
Ebenso gibt es Pflichten, wenn der Schadensfall schon eingetreten ist. Hierbei ist z.B. die Schadensminderungspflicht ein wichtiger Aspekt, wo ein Beispiel es verdeutlich.
Beispiel: Ob im Büro, Geschäft oder Zuhause - ein Wasserschaden kommt meist unerwartet – und kann zu erheblichen Kosten für Mieter, Vermieter oder die ganze Hausgemeinschaft führen. Umgehend die richtigen Schritte einzuleiten ist dabei also besonders wichtig. Denn nur das verhindert Folgeschäden im Anschluss an die akute Notsituation und sorgt dafür, dass die Kosten niedriger bleiben.
Gedächtnishilfe: Knoten im Kontoauszug
Manche Versicherungsgesellschaft unterstützt die Kunden und versendet regelmäßig einen Fragebogen, um zu klären, ob sich Sachverhalte geändert haben. Doch eine Vielzahl versendet diesen „Erinnerungsknoten“ nicht, so dass der Kunde selbst gefordert ist daran zu denken, ob sich etwas an seiner Situation geändert hat. Wir empfehlen z.B. die jährliche Abbuchung des Beitrags als imaginären Knoten zu nutzen, ein guter Zeitpunkt einen Moment inne zu halten und zu überdenken, ob sich etwas gegenüber dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages geändert hat. Und wie immer gilt, nehmen Sie Kontakt zu uns auf, wenn Sie unsicher sind – lieber einmal mehr gefragt, als im Schadensfall unangenehme Überraschungen erleben.
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